Viele Männer zwischen 15 bis 55 Jahren leiden unter diffusen Beckenbeschwerden. Obwohl sie häufig der Prostata zugeordnet wurden, besteht kein Zusammenhang zwischen den Beschwerden und der Prostata. Ein solcher wurde auch von der klinischen urologischen Forschung nie erklärt. Diffuse Beckenbeschwerden, die psychosomatisch bedingt sein können, sind vielmehr bei der großen Mehrheit der Betroffenen als Spannungssymptome im gesamten Becken, besonders jedoch im Beckenboden zu verstehen.
* CPPS : Chronic Pelvic Pain Syndrom
Die Beschwerden werden in der Regel wie folgt beschrieben:
• ‚Druckgefühl‘, ,Ziehen‘ oder ‚Brennen‘ im Damm, oft bis in den Enddarm-und/oder die Innenseite der Oberschenkel (Adduktoren) reichend; häufig Fremdkörpergefühl im Damm und/oder im Enddarm; oft Auslösung und/oder Verstärkung der Beschwerden durch Betätigung der beiden Schließmuskeln oder des jeweiligen Schließmuskels.
• ‚Ziehende Beschwerden‘ in den Leisten (ein-oder beidseitig), die bis in die Hoden ausstrahlen können („Hodenschmerz“).
• Vermehrter Harndrang; gelegentlich erschwertes oder verlangsamtes Wasserlassen. (Verminderter Uroflow).
• Brennen in der äußeren, der mittleren, der hinteren oder der gesamten Harnröhre, während und/oder unabhängig von der Miktion (Wasser lassen).
• ‚Druckgefühl‘ oder ‚Brennen‘ über und/oder hinter dem Schambein, häufig als „Blasenschmerz“ fehl interpretiert.
• Schwierigkeiten, den Harnstrahl zu starten.
• ‚Nachträufeln‘.
• Spannungsgefühl im Kreuzbeinbereich.
Erfahrungsgemäß lassen sich diffuse Beckenbeschwerden mit gezielten Körperübungen zur Lösung der muskulären Spannung beheben. Da körperliche Bewegung zur Lösung verspannter Muskulatur führt, kann oft schon Laufen oder lockeres Joggen, ohne Anstrengung und Leistung, Besserung bringen. Voraussetzung für die erfolgreiche Behebung der Beschwerden ist, dem Betroffenen ihre Entstehungskette sowie mögliche Auslöser in allen Einzelheiten zu erklären. Erklärt werden muss ihm auch, dass Spannungsbedingte Beschwerden, zum Beispiel in Stresssituationen, auftreten können. Nur mit diesem Verständnis können Betroffene Übungen zur Verspannungslösung als Behandlungsangebot erfolgreich umsetzen und lernen, im Falle des Wiederauftretens angstfrei mit ihnen umzugehen. Das Erlernen und die Ausübung des ‚autogenen Trainings‘ (geistiges und körperliches Loslassen) ist eine sehr hilfreiche Begleitmaßnahme.
Literatur:
Günthert, E.-A.: ‚Diffuse Beckenbeschwerden des Mannes: ‚Urogenitalsyndrom-Beckenbodenmyalgie‘ In G. Jacobi (Hrsg.) ‚Praxis der Männergesundheit‘ Georg Thieme Stuttgart New-York 2003
Günthert, E.-A.: ‚Urogenitalsyndrom- Beckenbodenmyalgie‘ Beckenbeschwerden des Mannes: Prostatodynie, Prostatopathie, „Prostatitis“ Urologe B 39:18-22 Springer 1999
Günthert, E.-A.: ‚Somatisierungsstörungen im Urogenitalbereich‘ Urologe A 41:602-610 Springer 2002
Günthert. E.-A.: ‚Psychosomatische Urologie‘ Leitfaden für die Praxis, 2. Auflage, Schattauer Verlag Stuttgart New-York 2013
Sinaki M, Merritt JL, Stillwell GK. ‚Tension myalgia of the pelvic floor‘ Mayo Clin Proc 1977; 52 (11): 669-672
Wilhelm E. ‘Die Beckenbodenmyalgie, keine Prostatitis‘. In: Verhandlungsbericht der Deutschen Gesellschaft für Urologie 1985; S 494. Springer, Berlin
Dr. med. Ernst-Albrecht Günthert Facharzt für Urologie Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Schwerpunkt: Psychosomatische Urologie